Mit Colin McRae Rally Dirt hat Codemasters die Messlatte für Rennspiele ziemlich hoch angesetzt. Pech für Sega, die nun mit ihrem Klassiker-Remake SEGA Rally ebenfalls in die gleiche Nische drängen. Veteranen der Konsolen- und sogar Automatengeschichte dürften diesem Titel aber ein hohes Mass an Aufmerksamkeit zukommen lassen, denn die Urversion von SEGA Rally gilt zurecht als Kult. Was die Entwickler aus der Neuauflage gemacht haben, erfahrt ihr in unserem Review.

Während andere Games mit Optionsvielfalt, Unmengen an Fahrzeugen oder hyperrealistischer Physik zu überzeugen versuchen, stand bei SEGA Rally von Beginn weg der ungebremste Speilspass im Vordergrund. Das Game steuert sich so, wie man sich das als Kind gerne ausgemalt hat: Gangschaltung optional, das Gaspedal ist mit Priorität zu bedienen und von Fahrphysik oder einem Schadensmodell haben die Programmierer noch nie was gehört. Passt!

Eins, zwei oder drei- vorbei
Ungefähr so, wie sich das Spiel steuert, gestaltet sich auch der Weg auf die Piste. Sämtliche Menüs stellen auch komplette Neueinsteiger nicht vor die Qual, denn mehr als vier oder fünf Optionspunkte stehen selten zur Wahl. Im Hauptmenü entscheidet sich der arcade hungrige Spieler deshalb für ein schnelles Rennen (ja, ja! schnell auf die Piste!), eine Meisterschaft (in diesem Zusammenhang beinahe schon anspruchsvoll), den Mehrspielermodus (probieren wir später) oder ein Zeitrennen (gähn). Danach noch eine Karre aus drei Klassen wählen, Slicks oder Offroad-Reifen und ab auf die Fahrbahn. Damit unterwegs auch gehörig viel Action aufkommt, fährt man wie schon bei DirT gleichzeitig mit anderen Fahrzeugen – langweilige Rennen gegen die Zeit gibt es bei SEGA Rally nicht.
Wer stilgerecht ohne Schaltung fährt, muss sich während der Fahrt nur noch auf zwei Dinge konzentrieren: Lenken und ab und zu vom Gas gehen, denn enge Kurven überlebt man auch SEGA Rally nicht ohne wenigstens ein bisschen Geschwindigkeit zu verlieren. Rammt man aus versehen trotzdem gegnerische Boliden oder gar die Aussenbegrenzung, ist das nicht weiter schlimm: Ein bisschen Zeit verliert man zwar, aber Derformierungen oder gar Schäden gibt es nicht. Um schnell zu sein, muss man also hauptsächlich die Kurven richtig einschätzen können. Tönt vielleicht etwas banal, macht in der Praxis aber einen Heidenspass und ist extrem motivierend. Eine willkommene Abwechslung zu PGR4 oder dem noch realistischeren Forza Motorsport 2.

Matsch, Schnee, Schlamm und Staub
Wer die Demo gespielt hat, weiss ungefähr, was in Punkto Strecken auf einen zukommt. Die meisten der 16 (inkl. Bonustrack) Strecken sind relativ kurz, so dass man schon nach drei Runden weiss, wo die gefährlichen Kurven oder Sprünge lauern. Im Laufe der Meisterschaft spielt sich der gute Fahrer so nach und nach mehr Fahrzeuge und Strecken (auch rückwärts) frei. SEGA erfindet dabei das Rad nicht neu, erfreut den User aber mit farbenfrohen Tracks in verschiedenen Landschaften. Staubige Canyons, matschige Tropen, Schnee und glattes Eis gibts zu unter anderem zu sehen. Die Kurse sind allgemein gut designt.
Ein besonderes Feature des neuen SEGA Rally sind die deformierbaren Strecken. Das Programm merkt sich, welche Streckenführung der Spieler bzw. die Computergegner nehmen, so dass bei der nächsten Umrundung der Boden entsprechend aussieht. Das hat allerdings nicht nur optische Vorteile. Schon nach Runde Eins zeigt sich, dass eine aufgewühlte Strecke sich durchaus zum Vor- bzw. auch Nachteil entwickeln kann. Geschichte Spieler nutzen die Tatsache natürlich für entsprechende Überholmanöver. SEGA hat das Feature übrigens auch hervorragend mit der Rumble Funktion verknüpft, so dass man bereits am Rütteln des Controllers merkt, wie “schnell” der Untergrund ist. Auch Schlaglöcher und Crashes oder Rempler werden akkurat übertragen.

“Mein Wagen”
Der Fuhrpark enthält eine nette, wenn auch nicht überwältigende Anzahl an Fahrzeugen, die sich zum Teil deutlich unterschiedlich steuern. Abgesehen von optischen Faktoren (Impreza olé!) haben die Entwickler es aber versäumt, dem User Ratschläge bezüglich der Wahl zu geben. Es gibt keinerlei Informationen über die Agilität, Beschleunigung oder Höchstgeschwindigkeit der Fahrzeuge. Heisst nichts anderes, als das man ausprobieren muss. Vielleicht sogar mit Absicht so gemacht, denn so experimentiert man auch mit Boliden, von denen man sonst die Finger lassen würde.
Wie bereits erwähnt gibt es neue Autos und Strecken, wenn man gewisse Herausforderungen im Meisterschaftsmodus abschliesst. Konkret muss man genügend Punkte auf dem Konto haben, um sich an neuem Content zu erfreuen. Dabei zählt jeweils die höchste Punktzahl pro Streckenpaket, wobei man auch mehrmals antreten kann. Ein durchaus fairer, wenn nicht vielleicht sogar zu leichter Ansatz. Der Schwierigkeitsgrad hält sich denn auch in Grenzen. Einzig gegen Ende der Meisterschaft muss man sich wirklich konzentrieren, um die Computergegner zu schlagen. Ein gutes Training, denn im Mehrspielerpart schenken einen die Mitfahrer schliesslich auch nichts.

Technik und Onlinemodus
SEGA hat seinem Rally eine tolle Grafikengine spendiert, die auf den ersten Blick kaum Anlass zur Kritik gibt. Zwar gibt es ab und zu kleine Aussetzer, was bedeutet, dass gewisse Objekte optisch sehr undetailliert dargestellt werden. Das Game bleibt aber fast immer flüssig und überzeugt mit sauberen Animationen und ab und zu aucheinem animierten Helikopter usw. Was den Sound anbelangt, kann man SEGA ebenfalls kaum einen Vorwurf machen. Die Effekte sind toll, die musikalische Untermalung eher unauffällig und damit auch für längere Partien geeignet.
Für Fans von Mehrspielerpartien bietet es sich natürlich an, online das eine oder andere Spiel zu wagen. Die Verbindung funktioniert problemlos, allerdings dürfen nur sechs Gamer gleichzeitig auf eine Strecke – eine Limitation, die sowohl mit der eher engen Streckenführung als auch mit den deformierbaren Kursen zu tun hat. Toll ist allerdings, dass man sich auch die Geister (transparente Wagen, die mitfahren) von anderen Usern runterladen und gegen die antreten kann. Echt motivierend und eine tolle Möglichkeit, um das eigene und gegnerische Fahrverhalten zu analysieren.

Fazit
SEGA Rally bietet klassische Arcade-Racing-Kunst im modernen Gewand. Toll designte Kurse, coole Karren und vor allem viel Matsch und Schlamm sorgen dafür, dass man sich bei jedem Drift und jedem Crash so richtig zuhause fühlt. An Spielgefühl ist das Game also kaum zu übertreffen. Schade nur, dass der Umfang einen nicht gerade vom Hocker haut. Auch online das Ganze sicher ausbaufähig, vor allem was Modi anbelangt. Die kleinen Aussetzer im grafischen Bereich sind zwar nicht weiter schlimm, hätten aber nicht sein müssen. Was bleibt ist ein Spiel, dass jedem Rallyfan ohne Simulationsanspruch gefallen wird. Vielleicht haben wir ja Glück und SEGA liefert via XBL noch den einen oder anderen Track nach!